Immer wieder treffe ich bei Kunden ein ähnliches Phänomen an: man hat wohl seit Jahren bereits eine stattliche Anzahl von ITSM Prozessen implementiert, aber keine gemeinsamen Ziele entwickelt, was damit erreicht werden soll. Anstelle funktionaler Silos abzubauen, hat man zusätzliche Prozess-Silos eingerichtet ohne jegliche Orientierung und selten mit der notwendigen Abstimmung. Die Prozessownership wird über die verschiedenen Organisationsbereiche verteilt – aber eine gemeinsame Vision, was mit den Prozessen zu erreichen ist, fehlt.
Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen wollen
An den Führungsstrukturen und an den Prinzipien in solchen Organisationen hat sich trotz dieser Prozesse überhaupt nichts geändert. Die von den Prozess-Ownern ermittelten und selbst definierten KPIs interessieren das IT Management genau so wenig wie die Daten, welche durch die verschiedentlich involvierten Systeme produziert werden. Hauptsache der Auditor hat nichts zu meckern…
Irgendwie verbindet man mit Prozessen noch eine gewisse Ordnungsmässigkeit – aber als Steuerinstrument für die IT werden sie in den seltensten Fällen verstanden.
Service Management ist ein völlig neu ausgerichtetes IT-Geschäftsmodells
Wenn man seine Organisation nach Service Management ausrichten will, dann muss man bereit sein, sein bisheriges Geschäftsmodell zu hinterfragen. Ein paar Prozesse einrichten die sich mehr oder weniger nach ITIL ausrichten hat damit nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Service Management sind nicht nur Prozesse. Es sind die Führungsstrukturen, Prinzipien, Ziele, Mitarbeiter, Technologien und Tools, Daten, Kommunikation und und und … Und diese müssen in der Summe komplett neu ausgerichtet werden. Es wird nicht behauptet, dass es einfach ist. Es ist schwierig und benötigt Manager mit entsprechenden Visionen. CIOs, welche diese Visionen nicht haben, werden die Ziele nicht erreichen. Was ich heute in den meisten Fällen der Service Management Implementationen sehe, ist leider halbe Lippenbekenntnis ohne jegliche Orientierung und demzufolge auch ohne jeglichen nachvollziehbaren und wirtschaftlichen Erfolg.
Die immer wieder aufkeimenden Polemiken zwischen, was ist nun ein Service oder IT-Service und was ist ein System oder IT-System helfen nicht wirklich weiter. Zumindest nicht diejenigen, welche vor dem Problem stehen, eine Lösung bereitzustellen. Grundsätzlich bin ich auch klar der Auffassung, dass die Tools den Prozessen zu folgen haben und nicht umgekehrt. Aber ich kann nicht nur esoterisch in der Wolke diskutieren ohne irgendeinmal die Füsse auf den Boden stellen zu können. Wer Taten statt Folien will, muss die Theorie in der Praxis beweisen können und wollen.
Ganzheitliches Denken heisst, nichts auszulassen
Wenn Service Management als Geschäftsmodell in der IT gewollt ist, braucht es auch ein Service Management System. Am einfachsten stellt man sich vor, dass es ein ERP System, ein Enterprise Resource Planning System braucht für die IT. Enterprise-Resource-Planning (ERP) bezeichnet die unternehmerische Aufgabe, die in einem Unternehmen vorhandenen Ressourcen (Kapital, Betriebsmittel oder Personal) möglichst effizient für den betrieblichen Ablauf einzusetzen und somit die Steuerung von Geschäftsprozessen zu optimieren (Gemäss Wikipedia).
Und so ein System zu bauen und zudem noch Kundenorientierung und Serviceorientierung zu integrieren, setzt das Vorhandensein einer serviceorientierten Architektur voraus. Das Haus, das gebaut werden soll, muss einen Architekten haben, der die verschiedenen Anforderungen mit den vorhandenen Ressourcen und Technologien abstimmt, damit die Funktion des Service Management Systems vollständig wahrgenommen werden kann.
Um Service Management wirkungsvoll umzusetzen, braucht es also einen Architekten, welcher das Geschäftsmodell der IT mit den Prozessen, Anwendungen, Datensystemen und Technologien aufeinander abstimmt und orchestriert, dass die Summe als Ganzes die Ziele der IT optimal erreicht. In einer solchen Umgebung gibt es kein Jekami-Konzept. Gerade wenn Organisationen etwas grösser sind und beispielsweise über hundert oder gar tausend IT Mitarbeiter in sich vereint, dann ist eine solche Rolle unverzichtbar.
Die Business-Architektur gemäss TOGAF beinhaltet in der IT das grundsätzliche Betriebsmodell mit allen Governance- und Management Prozessen. Hier spielen die ITIL Prozesse eine massgebliche Rolle. Die Service Management Prozesse sind die “Business Prozesse” der IT. Hier werden die Bedürfnisse der Kunden abgeholt, die Service Leistungen vereinbart und letztlich auch erbracht und garantiert. Hier findet die Orchestrierung der Services statt und stellt die Dynamik des Business sicher.
Aber dazu braucht es eben auch Hilfsmittel und Daten. Diese sind entsprechend den Bedürfnissen der Business-Architektur auszurichten.
Die Informations-System-Architektur beinhaltet alle Hilfsmittel, Applikationen und vor allem Daten, welche im Rahmen eines Konzepts aufeinander abgestimmt werden müssen. Hier spielen Die ITSM-Tools und System-Management Werkzeuge wie Reporting, Deployment, Monitoring oder auch Event-Konsolen eine zentrale Rolle. Insbesondere ein Daten- und Informations-Management Konzept sind hier unabdingbar und konsequent durchzusetzen. Das Reporting setzt letztlich hier auf den Daten auf, welche verlässlich sein müssen. Es ist wichtig zu wissen, wo die Daten sind, woher sie kommen und wer die verarbeiteten Daten benötigt. Wenn schon Redundanzen, dann bitte kontrolliert.
Aber irgendwo müssen die Tools und Daten auch technisch in Betrieb genommen werden. Dazu braucht es die Technologie-Architektur.
Die Technologie-Architektur beinhaltet alle Systemtechnischen Komponenten und Bewirtschaftungssysteme. Hier werden die Puzzles zusammengestellt und die Schnittstellen bedient. Hier geht es letztlich auch ab, was oben mal angedacht wurde. Dabei können Systeme und Platformen aus der Wolke, zugemietet oder in den eigenen Räumlichkeiten bereitgestellt werden. Was wie in welcher Ausprägung genutzt wird, hat letztlich Auswirkungen auf die Dimensionierung. Hier müssen die Zusammenhänge der Service Architektur und System Architektur gut verstanden werden, damit das Ganze mehr als die Summe der Einzelkomponenten wird.
Jede IT hat das Service Management System, das er verdient…
Wenn man nicht weiss, was man will, dann darf man sich nicht wundern, dass man erhält, was man nicht braucht. In Zeiten des knappen Geldes, wird der Druck nicht nachlassen, sich als CIO erklären zu müssen.
Die IT kann nicht glaubhaft als verlässlicher Provider gegenüber dem Business auftreten, wenn sie im eigenen Haus keine Ordnung hat. Hier kann der Tatbeweis erbracht werden, das Geschäftsmodell nicht nur zu verstehen, sondern selber zu beherrschen.
Prozesse sind gut und wichtig – aber bei weitem nicht der einzige Faktor, der Service Management zum Betriebsmodell einer IT macht. Ein Service Management Architekt kann hier die wichtigste Ansprechstelle sein, um agil reagieren zu können, wenn neue Anforderungen anstehen.