49er oder 51er Hut? Welchen Hut trägst Du?

Ziele zu erreichen ist wichtig – wichtig für Unternehmen, für die einzelnen Teams aber auch wichtig für das berufliche und professionelle Weiterkommen jedes Einzelnen. Wenn auch sehr strukturiert die Ziele der Stakeholder mit der Unternehmensführung abgestimmt und auf Geschäsftseinheiten, Teams, Services, Prozesse und letztlich auf die verantwortlichen Rollen heruntergebrochen werden, sind es letztlich die verantwortlichen Rolleninhaber und Mitarbeiter, welche dafür sorgen müssen, dass die Ziele erreicht werden.  Wenn alle ihre Ziele erreichen, müsste gemäss Kaskadensystem die Strategie erfolgreich sein und die Stakeholder zufrieden sein.

Ziele zu erreichen ist also wichtig. Nur – ist es so einfach? Wenn jeder für sich schaut und dafür sorgt, seine Vorgaben zu erreichen, ist damit automatisch das Unternehmen auf der Überholspur? Führt das nicht auch zu Egoismus bei welchem jeder zuerst für sich schaut und dass er seine „Schäfchen“ im Trockenen hat. Was machen denn erfolgreiche Teams aus? Gerade in der aktuellen agilen Bewegung wird die Kraft aus gut funktionierenden Teams als Erfolgsrezept gelobt. Hier ist Egoismus eher verpönt. Es wird viel eher erwartet, dass jeder für jeden anderen rennt und dass gemeinsam dafür gesorgt wird, dass die Team-Ziele erreicht werden.

Was aktuell aber auch festgestellt wird: Team-Strukturen werden zu den neuen Silos. Insbesondere die DevOps-Bewegungen haben die autonomen Teams regelrecht befeuert und ihr Selbstverständnis zur Erreichung ihrer Ziele gibt Ihnen das Recht, ihre Zusammenarbeit, Werkzeuge, Prozesse und Methoden selbst zu definieren – Hauptsache, die Ziele an das Team werden erreicht. Wobei die Ziele selber auch flüchtiger werden können – weil man insbesondere den ändernden Präferenzen der Produkt-Owner gerecht werden möchte. Aber vielfach identifiziert sich jeder im Team mit den zu erzielenden Ergebnissen respektive Produken, nicht mehr und nicht weniger.

Inwieweit diese Team-Strukturen ihre Grenzen haben, zeigt sich auch im erweiterten Service-Ökosystem, wo viele interne und externe Partner beteiligt sind. In einem Multisourcing-Umfeld hat jeder Partner seine Ziele und Vorgaben im Rahmen von Verträgen und SLAs  klar vorgegeben. Jeder Partner und jedes Team geben ihr Bestes, diese Vorgaben einzuhalten – oder gar zu übertreffen. Soweit die Theorie. Wieso lassen sich aber oft die Übergeordneten Ziele nicht erreichen, obwohl alle beteiligten Teams behaupten und auch belegen können, ihre Vorgaben und Ziele erfüllt zu haben. Man könnte nun argumentieren, dass die Ziele nicht gut genug definiert wurden.

Aber ist es so einfach? Ziele sind immer auch eine Vorwegnahme eines Zukunftsbildes – und dieses ist nun mal etwas Nebulöses. Wenn man also definierte Ziele auch so präzise berechnen lassen kann, heisst das bei weitem nicht, dass die projizierte Zukunft damit erreicht werden kann. Es braucht wohl etwas Zusätzliches, als bloss die Vorgaben und Ziele der einzelnen Teams zu erfüllen.  Etwas was sich nicht immer genau berechnen lässt. Etwas, was als wichtiger betrachtet werden kann, als die Erreichung der Teams- oder der individuellen Ziele. Etwas, dass dazu führen kann, seine eigenen Ziele sogar zurückzustecken, wenn übergeordnete Ziele damit besser erreicht werden können.

Ein gesunder Egoismus tut jedem Team und den Unternehmen gut. Aber wenn ein Unternehmen 100% versucht zu erreichen, dann ist es wichtig, dass jede Ebene und jedes Team nicht nur auf sich schaut, sondern auch für alle anderen bereit ist, eine extra Meile zu gehen. Wenn also mein Team 50% leisten muss und 50% im Rest des Unternehmens zu erzielen sind, dann muss man sich fragen, welchen Hut man anhat: ist es ein 49er-Hut und damit voll auf sich und seine eigene Zielerreichung fokussiert und seinen Aufwand optimiert. Oder ist es ein 51er-Hut und damit über seine eigenen Ziele hinausgeht – obwohl man dazu nicht messbar verpflichtet werden kann. Teams sind mehr als die Summe ihrer Mitglieder. Und Unternehmen sind auch mehr als die Summe ihrer Teams und Strukturen. Dieses Mehr ist, was einen 51er-Hut ausmacht, den man von jedem einzelnen im Unternehmen und jeden Partner im Service-Ökosystem erwarten sollte. Es sollte sich jeder bei einer wichtigen Entscheidung fragen, welchen Hut er aktuell anhand? Den 49er- oder doch einen 51er.

2 Kommentare zu «49er oder 51er Hut? Welchen Hut trägst Du?»

  1. Hallo Martin. Sehr spannender Beitrag. Nur – die meisten denken sich dabei, was bekomme ich wenn ich den 51er Hut anziehe? Kann ich das erwarten als Führungsperson von meinen Mitarbeitenden und Teamkollegen?
    Meistens funktioniert dies nur, wenn übergeordnete Ziele die Motivation sind. Sinnhafte Arbeit, verantwortungsvolle neue Aufgaben die ich erreichen kann, Gutes tun. Ist das gekoppelt mit Egoismus? Egoismus hat für mich mit persönlichem direkten Benefit zu tun. Karriere, Lohn, Berufschancen. Übergeordnete Ziele mit Sinnhaftigkeit, Motivation und eben selten mit Egoismus. Was denkst Du darüber?

    1. Martin Andenmatten

      Danke Romaine
      ja – da denke ich ähnlich. Übergeordnete Ziele anzustreben ist etwas ehrenhaftes, aber viele denken, dass dies ausserhalb ihres Einflusses liegt. Gesunder Egoismus ist sicherlich auch gut und wichtig – aber es braucht als Anreiz auch mehr, als nur seine direkten Leistungen zu honorieren. Es muss jedem zugute kommen, wenn die übergeordneten Ziele erreicht werden.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert