Eine der grossen Herausforderungen in der IT ist die hohe Komplexität der Architekturen. Komplizierte Geschäftsprozesse, eng verwobene Datenmodelle und technisch komplexe Applikationen bilden eine immer grössere Herausforderung. Und einfacher wird es sowieso nie…
Die gute Nachricht: Komplexe Architekturen können mit den richtigen Methoden gesteuert und beherrscht werden! Die erfolgreichste und am meisten verbreitete Methode ist TOGAF. Das Architektur Framework der Open Group bietet einen umfassenden Ansatz für Entwurf, Planung, Implementierung und Wartung von Architekturen.
Warum Architekturmanagement?
Wie entwickelt sich eine Stadt, wenn die verschiedenen Bauherren ungesteuert ihre Bauten realisieren? Der Reiche baut seine Villa mit Pool, dort wo es ihm am besten gefällt. Der Grosskonzern errichtete seinen Wolkenkratzer für den neuen Hauptsitz im Zentrum an bester Lage. Der Slumbewohner sucht sich am günstigen Stadtrand Platz für seine einfache Behausung.
Das Resultat ist eine wuchernde Stadt, welche ineffizient ist und wo sich die Bewohner nicht mehr wohl fühlen. Sei es wegen mangelnder Sicherheit, verstopfter Verkehrswege oder durch zu lange Wege.
Bessere Lösungen als solch individuell gewachsene Architekturen wären denkbar, zum Nutzen der ganzen Stadt. Das folgende Beispiel der Planung einer Einfamilienhaus Siedlung macht den Nutzen von Architektur Management transparent.
Das rechte Bild zeigt die Architektur, wie sie sich ergibt wenn keine übergeordneten Regeln festlegt werden. Mit einem übergeordneten Architektur Management könnte sich hingegen eine Architektur wie im Bild links dargestellt herausbilden. Dabei müssten nur zwei einfache architektonische Regeln befolgt werden:
- Regel 1: Das Gebäude muss auf der Strassen zugewandten Grundstückshälfte platziert werden.
- Regel 2: ein Drittel der Strassen abgewandten Grundstücksfläche muss bepflanzt werden.
Mit diesen beiden einfachen Regeln muss keine der Parteien grössere Abstriche in Kauf nehmen. Der Gesamtnutzen für die Siedlung ist aber gestiegen weil ein grosser, zusammenhängender Grünbereich entstanden ist in welchem sich ein vielfältiger Naturraum entwickeln kann.
Von diesem vielfältigeren Naturraum können alle Siedlungsbewohner profitieren. Das funktioniert allerdings nur, wenn alle Siedlungsbewohner diesen vielfältigen Naturraum als Nutzen empfinden. Für das übergeordnete Architekturmanagement ist es daher wichtig, dass diese Einigkeit im übergeordneten Nutzen besteht. Ansonsten wird es schwierig, die Architekturregeln durchzusetzen.
Diese Einigkeit des übergeordneten Nutzens muss übertragen auf das Architektur Management in einer Unternehmung auch gegeben sein. Sie muss sogar dauernd überprüft und neu abgestimmt werden. Wie das erfolgt ist unter anderem Gegenstand das Architektur Management Frameworks TOGAF.
Kernelemente von TOGAF
Architecture Development Method
TOGAF definiert einen Prozess zur Entwicklung der Architektur: Die Architecture Development Method (ADM). Der Prozess besteht aus zehn Teilen:
- Preliminary Phase
Hier wird die Einbindung weiterer Modelle geklärt, Modell Anpassungen definiert sowie wichtige Prinzipien festgelegt. - Phase A (Architekturvision)
Hier werden die Ziele und die Beteiligten bei der Aktualisierung der Unternehmensarchitektur festgelegt. - Phasen B (Business Architecture)
Hier werden für die Geschäftsarchitektur der aktuelle und der gewünschte Zustand beschrieben. Die entscheidenden Unterschiede werden herausgearbeitet. Dazu werden Geschäftsprozessmodellen, Use-Case- und Klassendiagramme verwendet. - Phasen C (Information and Systems Architectures)
Hier werden für die Anwendungs-, Informations-/Daten Architektur der aktuelle und der gewünschte Zustand beschrieben. Die entscheidenden Unterschiede werden herausgearbeitet. Dazu werden die konkreten Anwendungen und Datenmodelle verwendet. - Phasen D (Technology Architecture)
Hier werden für die Technologiearchitektur der aktuelle und der gewünschte Zustand beschrieben. Die entscheidenden Unterschiede werden herausgearbeitet. Dazu werden die konkreten Hardwaresysteme beschrieben. - In Phase E (Opportunities and Solutions)
Hier werden die Vorhaben festgelegt, welche die Transformation aus der Ist-Situation zum Sollzustand durchführen. - Phase F (Migration Planning)
Hier wird die Überführung von Ist Zustand in den Sollzustand geplant. - Phase G (Implementation Governance)
Hier wird die Implementation in den Sollzustand überwacht. - Phase H (Architecture Change Management)
Hier werden Anforderungen und externe Einflüsse gesammelt, welche dann als Grundlage für den nächsten Durchlauf des Prozesses dienen. - Requirements Management
Das Anforderungsmanagement treibt den ADM Prozess kontinuierlich und steht deshalb im Zentrum des Prozesses.
Deliverables, Artifacts, and Building Blocks
Der von Architekten produzierte Output wird im TOGAF Architecture Content Framework strukturiert in Deliverables, Artifacts und Building Blocks:
- Deliverable
Ein formell geprüftes und freigegebenes Dokument. - Artifact
Die Beschreibung eines Aspektes der Architektur. Artifacts werden unterteilt in ‘catalogs (lists of things)’, ‘matrices (showing relationships between things)’, und ‘diagrams (pictures of things)’. - Building Block
Building blocks sind potentiell wiederverwendbare Komponenten welche zu Architekturen kombiniert werden können.
Architecture Repository
Das Architecture Repository wird zur Speicherung der verschiedenen Architektur Dokumente benutzt (Deliverables, Artifacts, and Building Blocks). Damit wird das gemeinsame Verständnis und damit die Zusammenarbeit im Architekturmanagement erleichtert.
Die Hauptkomponenten des Architecture Repository sind die folgenden:
- The Architecture Metamodel
Beschreibt das auf die Organisation zugeschnittene Architektur Framework. - The Architecture Capability
Definiert die Parameter, Strukturen und Prozesse welche die Steuerung des Architecture Repository unterstützen. - The Architecture Landscape
Stellt die architektonische Repräsentation der Komponenten einer Organisation dar, wie sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in Betrieb sind. Die Architecture Landscape existiert auf unterschiedlichen Abstraktions Levels. - The Standards Information Base (SIB)
Enthält die Standards welche eingehalten werden müssen. - The Reference Library
Enthält Guidelines, Templates und anderes Referenz Material. - The Governance Log
Enthält den Log der Governance Aktivitäten.
Enterprise Continuum
Das Enterprise Continuum ist eine Sicht auf das Architecture Repository. Das Enterprise Continuum enthält zwei komplementäre Konzepte: Das Architecture Continuum und das Solutions Continuum.
Establishing the Architecture Capability
Ein erfolgreiches Architektur Management soll wie eine andere Organisationseinheit mit eigener Erfolgsverantwortung betrieben werden. Dazu notwendig sind Fähigkeiten in den folgenden Bereichen:
- Financial Management
- Performance Management
- Service Management
- Risk Management
- Ressource Management
- Communications and Stakeholder Management
- Quality Management
- Supplier Management
- Configuration Management
- Environment Management
Was ist TOGAF nicht?
TOGAF ist kein Anleitung wie Architekturen konkret aussehen können (Bus Architekturen, Stern Architekturen…). TOGAF gibt auch keine (genaue) Anleitung wie Applikationsarchitekturen oder Datenarchitekturen im Sinne eines Referenz Modells aussehen können. TOGAF ist ein Framework um Architekturen bewusst zu steuern und diese optimal auf das Business auszurichten. Dazu schlägt TOGAF eine entsprechende Methode (ADM) vor.
TOGAF richtig einsetzen
Viele Architekturabteilungen tun nicht viel mehr als ein Architektur Tool zu verwalten oder realitätsfremde Architekturmodelle zu konstruieren. Des Ziel des Architektur Managements, die Architekturen wirklich zu steuern und auf das Business auszurichten wird dabei verfehlt. In solchen Architekturabteilungen werden wichtige Elemente aus dem erfolgreichen Architektur Framework TOGAF vernachlässigt. Damit das nicht passiert und keine zentralen Elemente vergessen gehen, ist es wichtig alle Aspekte des Frameworks zu kennen, zu verstehen und diese auch umsetzen zu können. Diese Fähigkeiten können durch Selbststudium und Anwendung in der Praxis erworben werden. Schneller und effizienter ist der Besuch eines der Schulungsangebote welches ich betreue. Gerne gebe ich Ihnen dazu weitere Informationen.