I have a dream...

I have a dream … für 2014 und später

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Ich habe einen Traum. So hat die berühmte Rede von Martin Luther King vor über 50 Jahren begonnen. Eine Rede voller Visionen, welche auch heute nicht an Bedeutung verloren hat.

Wenn sich das Jahr langsam dem Ende neigt, wird man oft gerne etwas wehmütig und fängt zu träumen an. Es muss nicht jeder Traum so weltbewegend sein, wie der von Herrn King. Aber in seiner eigenen Welt gibt es doch das eine oder andere, was man sich für die Zukunft wünscht.

I have a dream too...
I have a dream too…

Für IT-Organisationen habe ich auch einen Traum. Einen Traum für eine bessere Welt, in der sich das Business und die arbeitende IT-Bevölkerung besser verstehen, eine Einheit bilden und gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft meistern.

Damit so ein Traum Wirklichkeit wird, müssen einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, welche die IT-Organisationen und das Business seit der Entstehung und Nutzung der Informationstechnologie sich selbst aufgebaut und zur gegenseitigen Abschottung ausgebaut haben.

Folgende Visionen sind mit der Verwirklichung meines Traumes für 2014 und später verbunden:

  1. Governance: Es ist das oberste Führungsgremium, welche die alleinige Verantwortung für den Einsatz und die Verwendung der IT Mittel verantwortlich ist. Es gibt nur einen Hauptverantwortlichen in der Organisation, welcher die Richtung und Vorschriften vorgibt und deren Einhaltung überwacht. Und das ist nicht die IT selbst, sondern die Geschäftsführung. Solange die Geschäftsführung die IT nicht als Chefsache erklärt und den CIO seine IT-Governance selber bestimmen lässt, wird das nichts mit einer guten Zusammenarbeit zwischen Business und IT. Ich habe einen Traum, dass die oberste Unternehmensleitung ihre Rolle als Governor der Unternehmens-IT erkennt und entsprechend wahrnimmt.

    Der grosse Graben zwischen Business und IT
    Der grosse Graben zwischen Business und IT
  2. Management der IT: Das Management der IT ist zur Planung, Umsetzung und Bereitstellung der IT Services verpflichtet und muss sich permanent an den Zielen des Unternehmens und deren Strategie ausrichten. Solange das Management der IT nur Budgets und Ressourcen administrieren und sich nicht in der Lage sind, den Mehrwert der IT für das Business zu erklären und nachzuweisen, solange wird das Management der IT das Tun ihrer Mitarbeiter nur nach eigenem Gutdünken lenken. Ich habe einen Traum, dass Service Management als das zentrale Führungssystem der IT erkannt und verstanden wird und dass sämtliche IT-Leistungen auf die Mehrwertgenerierung ausgerichtet werden bei gleichzeitiger Optimierung der Ressourcen.
  3. Service Portfolio Management: Investitionen in die IT zur Unterstützung des Business in ihren Geschäftsprozessen müssen als Wertanlagen betrachtet und endsprechend gemanagt werden. Solche Investitionen sind ähnlich wie Produktionsanlagen in einer Fertigungsfabrik zu sehen, welche eine bestimmte Leistungskapazität haben und welche über seine gesamte Lebensdauer entsprechend unterhalten, unterstützt und kontinuierlich den Anforderungen der Produktionsstrassen angepasst werden müssen. Solange die IT nur als Technologien und Applikationen gesehen werden und die Leistungen rund um die Bekümmerung der Technologie nicht als ganzheitliche IT-Services verstanden und entsprechend gemanagt werden, werden Investitionen nicht professionell gesteuert, Ressourcen nicht verantwortungsvoll eingesetzt und Risiken nicht rechtzeitig erkannt und  beantwortet. Ich habe einen Traum, dass das Service Portfolio Management als Instrument zur Wertsteuerung der IT Investitionen erkannt und damit als das wichtigste Mittel zur wertmässigen Kommunikation zwischen Business und IT verwendet wird.
  4. Security und Resilience: Informationen und Daten sind die Währung des 21. Jahrhunderts. Daten und Informationen sind auch sehr verletzlich – gerade heute, wo Unternehmen in einem globalen Netzwerk miteinander verbunden sind und die Grenzen von Privacy und Datenschutz verschwommen sind. Wenn Daten verfälscht oder in falsche Hände geraten, oder nicht mehr in einer akzeptablen Zeit zur Verfügung stehen, kann selbst ein robustes und finanziell gesundes Unternehmen seine Existenz innert kurzer Zeit verlieren. Der treuhänderische, verantwortungsvolle Umgang mit Daten und Informationen durch die IT Organisation muss ein unverzichtbares Grundprinzip eines jeden IT-Mitarbeiters werden. So wie ein Chirurg seine Instrumente vor jeder Operation reinigt, muss auch die IT-Organisation die ihm anvertrauten Daten und Systeme schützen und den bestmöglichen Schutz jederzeit gewährleisten. Ein technisch gespiegeltes IT-System täuscht Sicherheit nur vor. Ich habe einen Traum, dass Sicherheit und Resilience von IT-Services als Grundvoraussetzungen eines jeden professionellen IT-Betriebs verstanden wird.
  5. Schliessen des Grabens zwischen Entwicklung und Betrieb: Die IT-Organisationen sind heute eine zweigeteilte Zweckgemeinschaft: Die kreativen Entwickler, welche mit immer schneller drehenden Entwicklungszyklen automatisierte Funktionalität produzieren und dem Business bereitstellen. Andererseits die Betreiber, welche eine möglichst störungsfreie Bereitstellung der IT-Services dem Business gewährleisten möchte. Stabilität auf der einen Seite versus flexible Veränderung, um dem Business die notwendigen Funktionalitäten schnellst möglichst bereitzustellen. Dazwischen liegt heute nach wie vor ein grosser Graben, welcher gerne mit gegenseitigem Fingerzeig aufrecht erhalten bleibt, anstelle die Brücken zu bauen, um im Sinne des Business die gewünschten Veränderungen zu ermöglichen. Ich habe einen Traum, dass Entwicklung und Betrieb an einem Strang ziehen und sich als Einheit für die rechtzeitige und friktionsfreie Bereitstellung innovativer und zukunftsweisender Lösungen dem Business gegenüber auftritt.

    Der grosse Graben zwischen Entwicklung und Betrieb...
    Der grosse Graben zwischen Entwicklung und Betrieb…
  6. Service Desk: Das Service Desk ist die Visitenkarte der IT-Organisation und damit das wahrnehmbare Gesicht der IT-Organisation. Service Desk werden in IT-Organisationen auch heute noch als die unterste Stufe der IT-Hierarchien angesehen und entsprechend despektierlich behandelt. Analog wie in einem gut geführten Hotel entspricht das Service Desk der Reception, wo alle Anliegen der Gäste entgegen genommen werden. Die Wirkung und die Kraft eines Service Desk wird von den meisten IT-Organisationen, insbesondere vom Management und vom CIO nach wie vor verkannt. Ich habe einen Traum, dass IT-Organisationen die Rolle des Service Desks erkennen und nur die Besten zum Zuge kommen, die IT-Organisation repräsentieren zu dürfen.
  7. I have a dream ...
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    Business Relationship Management: Der Prozess Business Releationship Management ist für den Aufbau und die Pflege der Beziehungen zwischen dem Business und dem Service Provider verantwortlich. Das umfasst in der Regel die Pflege von persönlichen Beziehungen zu Business-Managern, die Bereitstellung von Inputs für das Serviceportfolio-Management und die Sicherstellung, dass der Service Provider den Businessanforderungen jederzeit gerecht wird. Solange das IT-Management die Business-Beziehungen den Entwicklern und den Business-Analysten überlassen, werden nicht wirklich Business-Beziehungen aufgebaut, sondern partikular Interessen verfolgt. Ich habe einen Traum, dass die Beziehungen zum Business institutionalisiert werden und damit die IT-Organisation vollständig in das Gesamtbusiness integriert werden kann.

  8. Automation und Configuration Management: Die CMDB gehört zu den ungelösten Baustellen der meisten Service Management Organisationen. Systeme von vielfach mehreren Millionen Dollar werden heute noch vielfach hemdsärmelig verwaltet und teilweise grobfahrlässig gemanagt. Es fehlt noch zu viel an einer Übersicht, wo welche Systeme wie installiert sind, welche Lizenzen genutzt werden oder welche Verträge mit welchen Konditionen bis wann gültig sind. Ein Fuhrpark-Leiter, welcher sein Rollmaterial so unter Kontrolle hält wie viele CIOs seine Datacenters, wäre seinen Job auf der Stelle los und müsste wohl mit einer Verantwortlichkeitsklage rechnen. CIOs wissen heute nicht, welche IT-Services wie zusammengesetzt sind und wie diese betrieben und bereitgestellt werden. Viel manuelles Gewerke sorgt dafür, dass die Dokumentation nicht stimmt und dass die Nachvollziehbarkeit  der Veränderungen nicht gewährleistet werden kann. Ich habe einen Traum, dass IT-Organisationen eine transparentes Configurations Management System haben, das jederzeit aktuelle und berechtigte Daten der Service Organisation zur Verfügung stellt. Abläufe sind grösstenteils vollständig automatisiert und jede Änderung ist von der Organisation über das Change Management autorisiert und damit nachvollziehbar.
  9. I have a dream ...
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    Incident und Problem: Auch heute noch nach über zwanzig Jahren ITIL® wird das Prinzip von Incident und Problem Management nicht wirklich verstanden. Selbst zertifizierte ITIL-Experten sind nicht schlüssig in der Lage, das Wesentliche der beiden Prozess-Disziplinen auf den Punkt zu bringen. Dabei ist dies einer der fundamentalsten Prinzipien einer kundenorientierten Service Organisation. Ich habe einen Traum, dass Organisationen das Incident Management als Outside-In Konzept mit der vollständigen Ausrichtung auf den IT-Anwender verstanden wird. Es geht hier einzig darum, ihn mit seiner Fragestellung zufriedenzustellen. Demgegenüber ist das Problem Management als Inside-Out Konzept zu verstehen, wo es darum geht, die Ursache von Problemen in der IT und den zugehörigen Technologien zu suchen.

  10. CSI als Veränderungsmotor: Das Continual Service Improvement wird erst im fünften und damit letzten Band der ITIL-Kernbücher beschrieben. Viele IT-Organisationen sehen darin auch die letzte und höchste Stufe der Service Management Implementation, welche erst viel später nach entsprechender Reife der Prozesse angestrebt werden soll. Anstelle einen grossen Wurf zu wagen indem möglichst vielen Prozessen in einer schier grenzenlosen Detailierung beschrieben werden sollen, sollten kleinere, der Organisation zumutbare und damit auch innert vernünftiger Zeit erreichbarer Ziele Verbesserungsinitiativen lanciert werden. Ich habe einen Traum, dass IT-Organisationen sich das CSI-Konzept als Basis für die Umsetzung ihrer Service Management Initiativen wählen und die Philosophie der lernenden Organisation verinnerlichen. Rom wurde auch nicht über Nacht gebaut und dieses Ansinnen sollte auch nicht in solchen Veränderungsprojekten angestrebt werden.
Der grosse Graben überwunden
Der grosse Graben überwunden

Dieser Wunschzettel ist recht gross geworden und ich bin auch nicht so naiv zu glauben, dass im kommenden Jahr 2014 alle Visionen bereits erfüllt werden. Ich freue mich aber, gemeinsam mit unseren Kunden, Partnern und dem gesamten Team daran zu arbeiten und damit einen Beitrag für eine bessere IT-Welt zu leisten.

I have a dream
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3 Kommentare zu «I have a dream … für 2014 und später»

  1. Peter Bergmann

    Hallo Herr Kollge,

    nach dem Lesen Ihres interessanten Beitrags habe ich die Vermutung, dass wir auf das glei-che Christkind gewartet haben. Viele dieser Träume kommen extrem bekannt vor; einige hege ich schon seit Jahren, an die Erfüllung anderer glaube ich (fast) nicht mehr. Im Einzelnen:

    1. Governance: […] Die Erfüllung des Traums wird immer unwahrscheinlicher. Je mehr Unternehmen die Rolle CIO prinzipiell hinterfragen, sogar abschaffen, wird es die IT als Supportorganisation nicht in die Chefetage schaffen. Gleichwohl gehört die „Service Governance“ auf die Agenda der Unternehmenslenker.
    Mit diesem Traum könnte es schon 2014 klappen.

    2. Management der IT: [..]. Solange wir eine IT-Organisation mit ganz vielen kleinen Fürsten haben, wird dieser Traum unerfüllt bleiben. Frage: Wer in der IT sollte an der Umsetzung des Traums Interesse haben?
    Nein, auch im neuen Jahr bleibt das ein unerfüllter Traum – leider.

    3. Service Portfolio Management: […] Ein ganz schwerer Traum, fast schon Albtraum. IT-Systeme und Applikationen sind enorm wichtig, ohne ginge nichts – zweifellos. Aber das Portfolio von Business Support Services kann nur losgelöst von IT-Betrachtungen eine Werthaltigkeit für das Business implizieren.
    Frage: Wer sieht das so? Wenn nicht, wälzen wir uns weiterhin bei diesem Gedanken.
    Nein, so richtig glaube ich nicht an die Einlösung dieses Traums.

    4. Security und Resilience: […] „Dank“ BYOD und anderen Phantasien bleibt dieser Traum unerfüllt, 2014, 2015, 2016, …

    5. Schliessen des Grabens zwischen Entwicklung und Betrieb: […] Ein schöner Traum, der aber mit Hilfe von DevOps gnadenlos zerschossen wird. Überlegen wir mal, andere Branchen würden Entwicklung und Betrieb miteinander verschmelzen; zum Beispiel die Auto- oder die Pharmaindustrie. Echt fahrlässig wäre das dort, bei uns in der IT „der Trend 2014“.

    6. Service Desk: […] Juhu, mein uralter Traum! Schon 2003, inzwischen vor 11 Jahren, begann ich mit der Forderung „Nur die besten an die Front.“ Heute sind die ITSDs die „Schmuddelecke der IT“.
    Und das geht so: Eine imaginäre Dachrinne beginnt (oben) in den RZs, den Entwicklern, den Netzwerkern (oder sonst wo) und endet (unten) immer im ITSD. In Form von kleinen Kügelchen purzeln die Probleme durch die Rinne. Je nach Geschick fangen die Service Desk’ler die Probleme auf und dürfen sich damit rumzuschlagen.
    Mit einer “mächtigen” IT im Rücken, wird sich kein ITSD aus dieser Ecke wegbewegen, das unterstelle ich hiermit: aus der Traum.

    7. Business Relationship Management: […] Der Traum könnte klappen, da inzwischen verstärkt IT-Generalisten und Business Analysten für Steuerungsorganisationen gesucht werden. Das gibt Hoffnung für funktionierende Service Organisationen.

    8. Automation und Configuration Management: […] Den Traum hatte ich auch mal und inzwischen aufgegeben. Offensichtlich lieben IT’ler Komplexität und jede Menge Nebel rund um Ihre Assets. Was andernorts normal ist, wird in der IT wohl nie mehr real werden.
    Frage: Wer kennt ein funktionierendes CMS, von dem andere Prozesse WIRKLICH profitieren?

    9. Incident und Problem: […] Schöner Traum der nur dann Wirklichkeit wird, wenn die unendliche Liebe und Hingabe zu den vielen Incidents dieser Welt endlich einmal aufhört. Solange die überwiegende Zahl der Störungen von der IT selbst verursacht wird, ist und bleibt das Incident Management nur Schadensbegrenzung. Und das Problem Management unterentwickelt.
    Wird wohl nichts in 2014…

    10. CSI als Veränderungsmotor: […] Die Erbauer von Rom hatten einen Plan. CSI-Awareness würde voraussetzen, dass das Bewusstsein, etwas besser machen zu können, Einzug in die Service-IT hält. Oder aber, dass die Anwender nicht weiter mit „Grüne-Balken-Reports“ traktiert werden und erkannt wird, dass Consumer Experiences etwas anderes ist, als Monitoring-Auswertungen und Incident-Statistiken.
    Der Traum wird es ganz schwer haben.

    So, und jetzt erfüllen wir uns unsere Träume mal schön.

    Viele Grüße
    Peter Bergmann

  2. Als Service Management Romantiker darf man zum Glück noch träumen und Visionen haben. Wir Berater wären ja alle arbeitslos, wenn das so einfach wäre. Die einzige Zuversicht die bleibt, ist die Veränderung welche mit Sicherheit eintreffen wird. Die Frage die sich jeder in der IT stellen sollte ist wohl: Will ich vor dem Teller sitzen oder darauf liegen.

  3. Pingback: Services sind digitale Produkte | Disruptive agile Service Management

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