Braucht die IT nun ein Geschäftsmodell oder ein Betriebsmodell. Oder doch eher ein IT-Betriebsmodell? Diese Diskussion mag vielleicht auf den ersten Blick müssig erscheinen. Wenn man aber die heute nach wie vor grossen Schwierigkeiten von IT-Organisationen hinsichtlich ihrer Fähigkeiten bedenkt, ihre Leistungen auf das Business auszurichten, dann sollte man sich in der IT schon mal die Frage erlauben: tun wir die richtigen Dinge? Und die Studie von McKinsey von 2017 zeigt klar auf, dass das Werteversprechen (IT’s future value proposition) in Zukunft noch viel stärker zum kritischen Erfolg der Unternehmen beitragen muss.
Angeregt durch den Podcast von meinem geschätzten Kollegen Robert Sieber «Deine IT-Abteilung braucht ein (neues) Geschäftsmodell!» habe ich mich gefragt, ob das die richtige Bezeichnung ist. Braucht die IT tatsächlich ein Geschäftsmodell? Vollständig einverstanden bin ich mit den Ausführungen von Robert hinsichtlich der Notwendigkeit, Kunden, Mehrwert und Ertrag zu kennen, meinen Beitrag als IT-Organisation zu verstehen und auf die Zusammenhänge hinwirken zu können.
Wäre die Konsequenz, dass das Unternehmen ein übergeordnetes Geschäftsmodell hat und jede Businessunit ebenfalls ein eigenes Geschäftsmodell – insbesondere auch die IT? Mehrere Organisationseinheiten würden dann auf ihre Weise versuchen, Business zu machen. Wenn die IT ein externer Provider ist, dann braucht die Organisation ein eigenes Geschäftsmodell. Wenn aber die IT Teil eines Unternehmens ist, dann ist sie aus meiner Sicht Teil des übergeordneten Geschäftsmodells. Dieses Geschäftsmodell muss den Takt über alle Aktivitäten im Unternehmen geben.
Für eine Betrachtung des Geschäftsmodells kann man auch das Business Model Canvas von Alexander Osterwalder betrachten. Es gibt ein gutes Video, welches die Komponenten dieser «Leinwand» erklärt (Link).
Ich möchte an dieser Stelle den Begriff «Betriebsmodell» oder «Operating Model» einführen. Andrew Campell definiert das Betriebsmodell als das Backend vom Geschäftsmodell. Ein Geschäftsmodell ist wie gemäss Robert Sieber im Gabler Wirtschaftslexikon definiert als eine modellhafte Repräsentation der logischen Zusammenhänge, wie eine Organisation bzw. Unternehmen Mehrwert für Kunden erzeugt und einen Ertrag für die Organisation sichern kann. Gemäss Campell ist das Betriebsmodell der Teil des Geschäftsmodells, der die Erstellung und Lieferung der Werte beschreibt. Gemäss dem Betriebsmodell Canvas wären dies die Key Activities, Key Resources und Key Partners.
Andrew Campell hat das «Backend» nun aber etwas erweitert in einem eigenen Operating Model Canvas.
Dieses Betriebsmodell ist ebenfalls eine visuelle Repräsentation in Form eines Diagramms, welches Beziehungen zwischen Elementen eines Unternehmens der Organisation – z. B. Aktivitäten – darstellt Menschen, Entscheidungsprozesse, Informationssysteme, Lieferanten, Standorte und Vermögenswerte – die wichtig sind, um das Wertversprechen (Value Proposition) des Unternehmens zu liefern, und wie diese Elemente kombiniert werden, um das Wertversprechen erfolgreich zu liefern.
Key Activities, Key Resources und Key Partners werden nun durch das Operating Model ersetzt mit den sechs Komponenten: Prozesse, Organisation, Lokationen, Informationen, Lieferanten und dem Management System (abgekürzt als “POLISM”).
Prozesse: Prozesse definieren wie die Organisationseinheit den Mehrwert an die Kunden oder Nutzniesser liefert. Jeder Mehrwert umfasst das Durchführen einer Reihe von Arbeitsschritten, bevor der Wert an den Kunden geliefert werden kann.
Eine “Valuechain” legt die verschiedenen Valuestreams (Wertströme) dar, die benötigt werden, um die Value Propostion der Organisation zu liefern, und zeigt, wie diese verschiedenen Ströme miteinander verknüpft werden können. Da eine Organisation in der Regel mehrere Kundensegmente bedient, die jeweils unterschiedliche Wertversprechen erfordern, ist eine gute Valuechain-Karte das Herzstück eines guten Betriebsmodells.
Organisation: Die Organisation definiert, wie die Teams und Personen, die die Arbeitsschritte in den Valuestreams durchführen, strukturiert sind (als einzelner Wertstrom, als Einheiten mit jeweils eigenem Wertstrom oder als Matrix). Es beschreibt die Methode der Zusammenarbeit (Agile, DevOps, Traditionell) und verschiedenen Arten von notwendigen Skills (Qualifikationsgruppen), die für die Arbeit benötigt werden, ihre Verantwortlichkeiten, Entscheidungsrechte und die Kultur, die jede Qualifikationsgruppe steuert und motiviert.
Lokation: Die Standorte beschreiben, wo sich Arbeit durchgeführt und welche Ressourcen an diesen Standorten benötigt werden, um die Arbeit zu unterstützen. Standorte können die Ortschaften, Länder oder auch Stockwerke eines Gebäudes umschreiben.
Informationen: Dies umfasst nicht nur die Informationen, sondern auch die wichtigsten IT-Services, die zur Unterstützung jedes Prozesses benötigt werden. Ein “Business Owner” sollte für jeden IT-Service definiert werden.
Supplier: Lieferanten beschreiben, welche Arbeitsschritte von externen Unternehmen (Partner) durchgeführt werden. Es beschreibt auch die Art der Beziehung zu jedem wichtigen Lieferanten: transaktional oder kollaborativ.
Management System Das Management System beinhaltet die Governance-Strukturen, um die Ziele zu planen, festzulegen, Entscheidungen zu treffen, Verbesserungen voranzutreiben und die Leistung zu steuern. Es enthält die Scorecard zur Messung des Fortschritts.
Eine gute Übersicht erhält man auch aus dem Video vom Andrew Campell (link), welcher auch am erklärenden Whitepaper von der Opengroup mitgewirkt hat (link).
Andrew Campell hat nun das Business Model Canvas mit dem Operating Model Canvas erweitert:
So ein Betriebsmodel kann auf verschiedenen Abstraktionsebenen dargestellt werden. Ein High-Level-Betriebsmodell beschreibt die vier oder fünf Hauptarbeitsschritte in einem Prozess, die Linien und Kästchen des Organigramms, die wichtigsten Informationslösungen, die die Arbeit unterstützen, die wichtigen Standortoptionen und so weiter. Aus dieser Optik kann nun für jedes Business Unit ihr spezifisches Betriebsmodell abgeleitet und detailliert werden. Es kann nun auch sein, dass verschiedene Business Units unterschiedliche Kunden oder Nutzniesser bedienen. So kann auch ein eigenes IT-Betriebsmodell definiert und spezifiziert werden.
Wenn die IT-Organisation dezentralisiert ist, sodass unterschiedliche Business-Units eigene IT-Organisationen haben, so können auch mehrere IT-Betriebsmodelle bestehen. Bei einer zentralen IT wäre nur ein IT-Betriebsmodell notwendig. Konzeptionell ist das IT-Betriebsmodell das Modell für die “Information” -Box im Unternehmensbetriebsmodell zu betrachten.
Braucht die IT nun ein Geschäftsmodell, ein Betriebsmodell oder ein IT-Betriebsmodell? Wichtig ist, dass die IT sich als Teil des Ganzen Unternehmens versteht und seinen Beitrag erkennt, seine Stakeholder kennt und versteht, welcher Mehrwert für sie wichtig ist, um das Unternehmen weiter zum Erfolg zu führen.
Ich habe in meinem letzten Blog eine Valuechain Betrachtung der Service Management Aktivitäten gemacht. Wie diese Prozesspraktiken umgesetzt werden – ob traditionell oder agil ist Teil des zu bestimmenden Betriebsmodells.
Das Geschäftsmodell wie auch das Betriebsmodell soll die Zusammenhänge aufzeigen und das Verständnis zwischen Business und IT fördern. Und damit auch die Fragen im Blog von Robert Sieber helfen zu klären – auf jeder angestrebten Flughöhe.
Und wenn Sie wissen wollen, wie das geht – dann hilft Ihnen unser Glenfis-Team mit den Value Chain Operating Model Services.