Totgesagte leben länger. Nun sind erste konkrete Informationen einem ausgewählten Kreis zur Verfügung gestellt worden, um sozusagen einen Feinschliff für die offizielle Lancierung von ITIL® 4 im Q1 2019 durchführen zu können. Die Glenfis AG und ich als Autor dieses Blogs sind Teil dieses ausgewählten Kreises und haben einen ersten Eindruck gewinnen können.
Zuerst einmal: der Name sorgt für Verwirrung. Es ist nicht ITIL Version 4 oder v4 – es ist schlicht und einfach «ITIL® 4». Es wird auch betont, dass es ein Update ist. Eine eigentlich neue Version der ITIL Core Bücher ist zurzeit nicht vorgesehen. Es werden aber eine Reihe «ergänzende» Dokumente bereitgestellt, welche die «neue» Sicht auf ITIL hervorheben.
So viel sei verraten…
Ein erstes solches ergänzendes Dokument liegt bereits vor und unterliegt strengster Vertraulichkeit. Ich kann daher an dieser Stelle nicht sehr viel über den Inhalt berichten. Dieses erste Dokument bildet die Grundlage für die neue ITIL® 4 Foundation Ausbildung. Ich versuche hier aber den schmalen Grat zu gehen und ein paar erste Eindrücke meiner Leserschaft bekannt zu machen.
Man versucht auch zu betonen, dass die meisten der alten Konzepte nach wie vor Gültigkeit haben und dass in ITIL 4 vor allem auf die sich aktuell stark fokussierten Modelle wie Agile, Lean und DevOps eingegangen wird und wie diese neuen Modelle mit ITIL in Einklang zu bringen sind. Nun – dies fällt auf den ersten Blick wirklich schwer. Wer sich an dem Service Lifecycle orientieren möchte, findet sich im neuen ITIL nicht mehr zu recht. Der Begriff und das Schwingrad mit den 5 Phasen ist vollständig von der Bildfläche verschwunden. Dafür gibt es eine neue Betrachtung, die des Service Value Systems und Service Value Streams. Lean lässt grüssen.
Erfreulich ist, dass grundsätzlich nur noch von «Service Management» und nicht etwa «IT Service Management» gesprochen wird. Das öffnet schon mal den Blickwinkel für Enterprise Service Management. Auch hat man versucht, die etwas sperrige Definition von «Service» verständlicher zu gestalten – was aus meiner Sicht nur zum Teil gelungen ist. Dafür wird die VOCR-Betrachtung des Begriffs «Service» ausführlich beschrieben (Value – Outcome – Cost – Risk). Lesen Sie dazu unseren Beitrag aus dem Jahr 2011 (Managed Services in einem Controlled Service Environment). Insbesondere das Risiko Management hat nun als Management Disziplin Einzug erhalten in ITIL 4.
Man spricht nun nicht mehr primär von Prozessen, sondern eher von Praktiken. Diese sind nun nicht mehr anhand der Lifecycle-Phasen aufgelistet, sondern in drei Gruppen aufgeteilt: Generelle Management Praktiken, Service Management Praktiken und Technische Praktiken. In letzterem wird auch Cloud als Service Delivery Plattform besprochen. Insgesamt sind die Praktiken aber weniger detailliert beschrieben und geben primär Praxis-Empfehlungen und -Hinweise für deren Implementation. Man will bewusst nach den Prinzipien von Agile, Lean und DevOps die Umsetzung den Teams überlassen.
Was geschieht mit der Ausbildung – mit den Zertifikaten?
Wie nicht anders zu erwarten war, wird ein völlig neues Zertifizierungsschema lanciert.
Man will aus heutiger Sicht, die bestehenden ITIL v3 Zertifikate auch in Zukunft anerkennen. Es gibt also keinen Zugzwang, nun auf das neue Schema umzusteigen. Die getätigten Investitionen in die Ausbildung sind also nicht verloren. Aber es hat natürlich viel Neues und es kann durchaus Sinn machen, um sich vertieft mit den neuen Inhalten von ITIL 4 auseinander zu setzen und die Integrations-Sicht für Methoden und Modelle wie Lean IT, Agile und DevOps besser zu verstehen. Es gibt hierzu sogar einen Transition Pfad für alle, welche Teile der ITIL v3 Intermediate Kurse absolviert haben.
ITIL 4 Foundation wird ab Frühjahr 2019 verfügbar sein. Wie lange die Übersetzungen auf sich warten lassen, ist abzuwarten.
Fazit
ITIL wird mit Bestimmtheit auch weiterhin das am meisten eingesetzte Framework für Service Management bleiben. Es gab schon bei der Transition von ITIL v2 auf v3 einen grossen Aufschrei. Dies wird auch mit ITIL 4 zu erwarten sein. Dass sich das Framework weiter entwickeln musste, war nicht nur zu erwarten, sondern bitter nötig.